Die neue Lustpille für die Frau

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Schon lange ist die Forschung dran am Thema Lust und nun ist es endlich soweit – die Lustpille für die Frau ist auf dem Markt.

Zwar noch nicht bei uns erhältlich, aber wie bei vielem sind die USA mal wieder Vorreiter und in absehbarer Zeit wird sich auch die deutsche Pharmaindustrie die Wahnsinnsgewinne nicht durch die Lappen gehen lassen.

 

Lustlos sind nicht nur die Frauen

Sexuelle Lustlosigkeit ist der häufigste Grund, warum Menschen in meine Praxis kommen. Übrigens sowohl Frauen als auch Männer. Und ob man es glaubt oder nicht, Viagra hilft bei weitem nicht jedem Mann bei seinen Problemen. Denn, anders als es bei der Frauenpille zu sein scheint,  verschafft Viagra keine Lust, sondern lediglich „Standfestigkeit“. Immerhin. Fürs Nicht-Können gibt es  bei den Männern seither eigentlich keine Ausrede mehr.

Nach der Modediagnose AD(H)S, die viel zu vielen Kindern, vorwiegend Jungs, übergestülpt wird und einer häufig damit verbundenen Medikamentengabe durch Ritalin & Co., gibt es jetzt einen neuen Renner. Man will uns weismachen, weil das Wollen über dem Können liegt, dass das Problem Lustlosigkeit nun der Vergangenheit angehöre. Endlich kann die Beziehung wieder rund laufen und alle sind happy.

Weit gefehlt, denn die Pille mit dem niedlichen Namen „Addyi“ soll nur etwa jeder zehnten Frau helfen. Das erschließt sich mir noch nicht, denn was es mit den verbleibenden neun auf sich hat, keine Ahnung. Der Addyi-Wirkstoff wirkt ähnlich wie ein Antidepressiva im Gehirn auf die Frauen-Psyche ein und muss täglich eingenommen werden, also nicht nach Bedarf wie beim Männer-Mittelchen. Ein enormer Aufwand und mit Sicherheit ein auch Kostenfaktor. Von den ganzheitlichen Auswirkungen auf die Konsumentin ganz zu schweigen.

Irgendwie schon komisch: Mann stülpt sich bei Bedarf ein Kondom über, Frau nimmt halblebenslänglich die Anti-Babypille. Mann nimmt bei Bedarf ein blaues Pillchen ein und Frau -wieder lebenslänglich- Addyi, aber das ist sie wahrscheinlich bereits gewohnt. Das klingt nach Ungleichgewicht.

 

Aus der sexualtherapeutischen Praxis

Viele Menschen klagen über Lustlosigkeit, freundlicher ausgedrückt: Störung der sexuellen Appetenz. Nach meiner Erfahrung gibt es dafür immer Ursachen. Diese jedoch sind so vielfältig und vielschichtig, wie nur Menschen es sein können.

Manchmal sind schlechte Erfahrungen für sexuellen Rückzug verantwortlich oder alte, unverheilte Verletzungen in der Partnerschaft, die nicht kommuniziert wurden, sondern sich oft in mangelnder bzw. fehlender Sexualität zeigen. Besonders anfällig für Verletzungen ist die Zeit um Schwangerschaft und Geburt. Nicht selten schlummern hier olle Kamellen, die durch Therapie an die Oberfläche geholt werden können.

Sehr häufig ist mit Lustlosigkeit eine unbewusste Vermeidung von Nähe verbunden, mitunter starke Gefühle von Minderwert oder schlichtweg die Angst, sich dem Partner wirklich ganz zu zeigen und hinzugeben. Und daran wird auch Addyi nichts verändern.

Ich glaube, dass unsere Herausforderung nicht darin besteht, dass wir weiterhin Symptome bekämpfen, sondern uns mit den Ursachen und uns selbst echt auseinandersetzen.

 

Foto: © Privat

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