Süchtig nach Sex und Pornos?
Gut fünfzehn Jahre ist es her, als die ersten Smartphones auf dem Markt erschienen sind. Zwischen zehn und zwanzig Jahre dauert es in etwa, bis Suchterkrankungen an die Oberfläche treten. Was bedeutet das eigentlich für uns Sexualtherapeuten?
Pornokonsum und sexuelle Funktionsstörungen
Zugegeben, anfangs waren es eindeutig mehr Männer, denen der Pornokonsum angelastet wurde, doch angeblich holen die Frauen auch hier stark auf. In der Praxis kann ich das allerdings (noch) nicht bestätigen, obwohl Frauen ja das therapiewilligere Geschlecht sein sollen. In die Praxis jedoch kommen viele junge Männer und klagen über sexuelle Funktionsstörungen wie zum Beispiel Erektionsstörungen, aber auch Orgasmusstörungen sind gar nicht so selten. Die Abklärung beim Urologen ist bereits erledigt – natürlich ohne körperlichen Befund … Und erst dann kommen wir ins Spiel.
Wenn ich mich im Rahmen der Anamnese (natürlich äußerst behutsam und vorsichtig) nach dem Pornokonsum meiner Klienten erkundige, höre ich immer wieder Sätze wie: „Ja, ganz normal halt … so wie es eben alle machen …“ Was alle machen, gilt tatsächlich als absolut normal heute, im grenzenlosen Internet, Pornos (in durchaus beachtlichen Umfang) zu konsumieren. Immer dann, wenn´s uns gerade juckt.
Der Erstkontakt mit pornografischem Material erfolgt in der Regel um das Alter von zwölf Jahren, nämlich mit Übertritt in eine weiterführende Schule. Denn zu diesem Zeitpunkt wird selbst von den standhaftesten Eltern spätestens das Smartphone ausgehändigt. Nimmt die Entwicklung einen negativen Verlauf, so kann es gut sein, dass ein 25-jähriger junger Mann bereits locker zehn Jahre Masturbationserfahrung zu „bewegten Bildern“ hat und höchstwahrscheinlich kaum bis wenig mit echten Partnern oder Partnerinnen. Das stellt selbstredend ein Problem dar, aber die wenigstens sind sich dessen bewusst, weil es ja alle machen und somit das Ganze salonfähig gilt.
Der Leidensdruck muss erst groß sein
Klienten betreten unsere Praxen erst dann, wenn der Leidensdruck so groß ist, dass entweder eine Beziehung auseinanderzubrechen droht, das auch mitunter schon in Serie oder es gar nicht erst zu einer (echten) Partnerschaft kommt oder weil sich bereits sexuelle Funktionsstörungen eingeschlichen haben. Leidensdruck ist gleich Motivation, und die lässt oft viele Jahre auf sich warten.
Wie das dann konkret in einer Partnerschaft aussehen kann, habe ich in folgendem Artikel versucht darzustellen, nämlich so, wie es mir in der Praxis immer wieder begegnet.
Foto: © privat (Regensburger Dom)